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Digitalisierung auf dem Vormarsch

Interview mit Ulrich Scheer

Welche digitalen Prozesse erwiesen sich als unverzichtbar während der Corona-Pandemie und wie geht es künftig weiter in Sachen Digitalisierung? Der Generalbevollmächtigte Ulrich Scheer blickt zurück und in die Zukunft.

Herr Scheer, hat die Corona-Krise bei der MünchenerHyp die Dringlichkeit erhöht, Prozesse zu digitalisieren?

Wir haben die Dringlichkeit schon vor dem Corona-Ausbruch als hoch eingestuft. Bereits 2018 haben wir das Thema im Rahmen der strategischen Ausrichtung als übergreifendes Handlungsfeld in der Bank adressiert. Gerade im Retailgeschäft, das sehr standardisiert ist, sehen wir noch großes Potenzial. Deshalb werden und wurden – unabhängig von Corona – die Prozesse digitalisiert: angefangen bei der Anbindung von externen Systemen über die vollständige elektronische Verarbeitung von eingehendem Schriftverkehr bis hin zur (Teil-)Automatisierung von nachfolgenden Kerngeschäftsprozessen.

Welcher (digitale) Prozess erwies sich als unverzichtbar in der Corona-Krise?

Prozessübergreifend und essenziell für das Geschäft war das mobile Arbeiten von zu Hause. Dazu gehören die Ausstattung aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Laptops, die VPN-Kapazitäten sowie die digitalen Kollaborationsmöglichkeiten im Rahmen der Betriebsvereinbarung. Ebenfalls unverzichtbar waren die digitale Verarbeitung von Darlehensanfragen und die elektronischen Freigabe-Workflows.

Auch Umstellungen wie die der elektronischen Rechnungsverarbeitung und -freigabe oder das digitale Bewerbermanagement tragen dazu bei, dass wir unsere Leistungsfähigkeit trotz Pandemie aufrechterhalten können. Ein Vorteil waren außerdem die digitalisierten Personal- und Bestellprozesse in der IT, die zum Glück bereits vor der Pandemie automatisiert waren. Weitere Umstellungen gab es ad hoc im operativen Betrieb. Innerhalb kürzester Zeit wurden Veränderungen proaktiv umgesetzt, um unsere Prozesse noch besser an die Corona-Situation anzupassen – die ganze Mannschaft hat Enormes geleistet! Das spiegelt auch das erfolgreiche Geschäftsjahr 2020 wider, in dem wir so viele Anträge wie noch nie zuvor verarbeitet haben.

Welche digitalen Leistungen bietet die MünchenerHyp bereits?

Unseren B2B-Vermittlungspartnern bieten wir weitestgehend elektronische Strecken an und bauen diese kontinuierlich aus. Das beginnt bei der Einreichung neuer Darlehensanfragen, geht weiter mit der Übermittlung von Dokumenten bis hin zur Abwicklung von Bestandsservices, wie etwa der automatisierten Online-Prolongation über agree21.

Für einen besseren Kundendialog haben wir im Jahr 2019 ein Projekt für das Web-Portal meindarlehen.de gestartet. Hier haben wir rechtzeitig vor Ausbruch der Pandemie einen Online-Dialog rund um die zentralen Themen der privaten Immobilienfinanzierung bereitgestellt. Angesichts der verstärkten Online-Aktivitäten unserer Kunden in Zeiten von Corona hat sich der neue Self-Service sehr schnell bewährt. Auch die interne Kreditbearbeitung profitiert von der Digitalisierung der Kundenschnittstelle, da die über das Kundenportal digital übermittelten Aufträge automatisch in die elektronischen Kundenakten der Bank einfließen.

Für die interne Weiterverarbeitung dieser Anträge sowie für die bereits angesprochene Prolongation haben wir ebenfalls digitale Lösungen. Im Kreditvergabeprozess setzen wir auf einen automatisierten Workflow mit Validierungskomponenten, die die Anträge sowohl hinsichtlich der fachlichen als auch der technischen Vollständigkeit, Plausibilität und Korrektheit prüfen können. Im Idealfall führt dieser Vorgang zu einer sofortigen Zusage, sodass die vermittelnde Bank bereits nach wenigen Minuten den Darlehensvertrag an den Kunden weiterreichen kann.

Worin möchten Sie in Sachen Digitalisierung noch besser werden? Welche digitalen Leistungen sind in Planung?

Ein Schwerpunkt liegt auf unseren Kernprozessen im Kreditgeschäft. Diese wollen und müssen wir weiter digitalisieren, um auch künftig als attraktiver Produktgeber unseren Vermittlungspartnern und Kunden zur Verfügung stehen zu können. So haben wir für das Retailgeschäft ein strategisches Programm aufgesetzt, das eine Ende-zu-Ende-Geschäftsprozessoptimierung zum Ziel hat. Neben dem Ausbau des digitalen Kundendialogs wollen wir weitere Services digitalisieren, die einen direkten Mehrwert für unsere Kunden und Partner bieten. Dazu zählen zum Beispiel Kreditzusage-, Bestands- und Auszahlungsprozesse.

Darüber hinaus beschäftigt uns die Zukunftsfähigkeit unseres Kernbankensystems und die damit verbundene Umstellung auf SAP4-Hana. Über die technische Migration hinaus prüfen wir hier systematisch, welche Chancen sich für die weitere Verbesserung der Kerngeschäftsprozesse und der Steuerungsprozesse ergeben können.

Wie, glauben Sie, wird sich die Bedeutung von Digitalisierung für Banken in Zukunft entwickeln? Wohin geht die Reise?

Die Digitalisierung der Finanzindustrie ist ein dynamischer Prozess, der gerade erst richtig Fahrt aufnimmt. Technologische Innovationen öffnen in rasanter Geschwindigkeit die Türen für neue Services, Produkte und auch Marktteilnehmer. In diesem Umfeld sehen wir den Bedarf, uns klar zu positionieren und auf unsere Kernkompetenzen zu fokussieren. In unserem Geschäftsfeld als Immobilienbank sehen wir bei aller Technologisierung auch immer den Bedarf an persönlicher Interaktion.

Gerade im Privatkundengeschäft tragen Kunden ein für sie großes finanzielles Risiko, denn es ist meistens die größte finanzielle Entscheidung im Leben. Deshalb wird Erfolg zu einem gewissen Teil von der persönlichen Beratung und dem Vertrauen abhängig sein. Die Art und Weise, wie dieses Vertrauen und die Interaktion gestaltet werden und wie wir als Produktlieferant integriert sind, verändert sich stark. Die Digitalisierung ist für den Erfolg in diesem Geschäftsfeld entscheidend. Das Plattformgeschäft wird weiter steigen, auf Kosten des klassischen Filialvertriebs. Es ist nicht auszuschließen, dass künftig auch ganz neue Plattformen in den Markt drängen. Dann kommt es bei Banken darauf an, ihre IT-Architektur anzupassen, organisatorische und strukturelle Voraussetzungen zu liefern und im Sinne der Kundenorientierung verlässlich, schnell und flexibel zu reagieren.

    Innerhalb kürzester Zeit wurden Veränderungen proaktiv umgesetzt, um unsere Prozesse noch besser an die Corona-Situation anzupassen – die ganze Mannschaft hat Enormes geleistet!
    Neben dem Ausbau des digitalen Kundendialogs wollen wir weitere Services digitalisieren, die einen direkten Mehrwert für unsere Kunden und Partner bieten, wie Kreditzusage-, Bestands- und Auszahlungsprozesse.

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